Direkt am Untermarkt steht er, der Freiberger Dom St. Marien. Und von dort aus sehen Sie auf dem hohen Giebel der Kirche den schlanken Turm mit der darin hängenden Stundenglocke (Seigerglocke). Diese Glocke trägt die Inschrift: “ ANNO 1728 GOSS MICH MICHAEL WEINHOLDT IN DRESDEN“. Es ist unbekannt, warum die Stundenglocke, die 1519 von Martin Hilliger, einem Sohn Oswald Hilligers, gegossen, nicht mehr vorhanden ist und durch eine Glocke von Weinholdt ersetzt wurde.
Rechts neben dem Haupteingang, im südwestlichen Turm, ist das 6-stimmige Hauptgeläut des Freiberger Doms untergebracht. Alle sechs Glocken wurden in den Jahren 1488 – 1512 in der Freiberger Werkstatt von Oswald Hilliger. Zwei Glocken dieses Geläutes mussten, durch Materialermüdung bzw. Kriegsabgabe, später ersetzt werden. Das Domgeläut ist das drittgrößte Geläut Sachsens und als einziges 6-stimmig. Die Disposition aus 2 Baßglocken und 4 Zimbeln ist im sächsischen Raum einmalig.
Das Geläut wurde 1996/1997 umfassend restauriert und zeichnet sich, trotz der ungewöhnlichen Disposition durch einen angenehmen Wohlklang aus. Insbesondere die Große Susanne wird von Glockensachverständigen als „Instrument von erstklassiger Klangschönheit“ bezeichnet und den „klanglich wertvollsten mittelalterlichen Großglocken Deutschlands“ zugerechnet. „Auffallend ist“ – nach Urteil der Experten auch – „die ungemein lebendige und frische Klangentfaltung vor allem der 4 kleinen Glocken“.
Glocke 1 – Große Susanne: 1488, 1902 mm, 4570 kg, Nominal b0, alle Fotos: Bernd Torchala
Glocke 2 – Lutherglocke: 1488, im 19. Jahrhundert gesprungen, Neuguss 1896 durch Bierling, 1286 mm, 1170 kg, Nominal es1, (originale Glockenzier wurde zum Teil übernommen), Ausschnitt mit dem Taukreuz, Giesserzeichen der Hilligers vor dem Erhalt des Familienwappens (1521)
Glocke 3 – Morgenglocke: 1496, 850 mm, 392 kg, Nominal c2 ,Ausschnitt
Glocke 4 – Kinderglocke: 1496, Oswald Hilliger, 764 mm, 280 kg, Nominal d2, Ausschnitt
Glocke 5 – Silberglocke: 1496, Oswald Hilliger, 652 mm, 196 kg, Nominal f2
Glocke 6 – Taufglocke: 1512, Oswald Hilliger, 150 kg, Nominal fts2, Kriegsabgabe,
Neuguss 1956 durch Schilling, 557 mm, 120 kg, Nominal g2
Interessantes zum Wirken der Hilligers bietet der Chor des Domes, er diente von 1541 bis 1694 als fürstliche Begräbniskapelle. Neben neun sächsischen Fürsten liegen hier auch viele ihrer Verwandten. In 12 m Höhe halten 34 Engel überwiegend originale Renaissance-Musikinstrumente aus der Zeit um 1592 in ihren Händen. Für Freunde der Gießkunst sind natürlich die Bronzeplastiken von besonders großem Interesse – für Bewunderer der Hilliger sind es die im Boden liegenden 29 Grabplatten aus Messingguss, die aus der Freiberger Gießerei stammen. Sie wurden von sächsischen Künstlern und Goldschmieden nach dem Guss ziseliert.
Die Familie Hilliger hat sich also auf dem Fußboden des Doms verewigt, doch auch in der Höhe sind sie noch mit immerhin 4 Glocken nach über 500 Jahren des Gusses vertreten.
Direkt gegenüber dem Dom steht das Freiberger Stadt- und Bergbaumuseum. Über dem Eingang zu Foyer kann man eine weiter Hilligerglocke besichtigen, die 1572 in der Werkstatt von Wolf Hilliger („Wolff Hilliger goß mich MDLXXII“ ist auf der Glocke verewigt) entstanden ist und die zuletzt zwischen 1909 und 1940 im Gebäude des St. Johannis-Stiftes hing (heute Chemnitzer Straße 8 – SAXONIA-FREIBERG-STIFTUNG in Freiberg, dem letzten Ziel der Wanderung).
Schulglocke: Wolf Hilliger, Foto: Antje Ahlbrecht, Stadt- und Bergbaumuseum Freiberg
In der 1. Etage, in der Großen Halle „Meisterwerke und bergbauliche Kunst“, ist eine 1756 von J. G. Weinhold gegossene Glocke ausgestellt. Es handelt sich hier um einen Umguss der 1509 von Oswald Hilliger für die Petrikirche gefertigten und bei einem Kirchenbrand beschädigten Häuerglocke.
Bevor Sie den Weg lt. Flyer zum nächsten Glockenstandort fortsetzen hören Sie noch Glocken des Freiberger Doms.
Hier geht es weiter: Sie umrunden dazu den Dom bis zu Lutherbrunnen. An dieser Stelle haben Sie einen Blick auf den Schutzbau der Goldenen Pforte. Über die gegenüberliegende Kreuzgasse und die Buttermarktgasse erreichen Sie den Platz „An der Nikolaikirche“, der im Volksmund noch immer Buttermarkt genannt wird.
Oder sie erfahren in den folgenden Zeilen noch einiges zum Freiberger Dom und gehen danach auf dem oben beschriebenen Weg weiter.
Die 1180 entstandene romanische Basilika „Unserer lieben Frauen“ wurde beim großen Stadtbrand 1484 fast vollkommen zerstört. Heute gilt der als dreischiffige spätgotische Hallenkirche neu aufgebaute Freiberger Dom als einer der herausragenden Kirchenbauten Sachsens. Die Goldene Pforte, ein spätromanisches Rundbogenportal sowie die Triumphpieta, beides um 1225 datiert, konnten aus der alten Basilika gerettet werden. Aus der Zeit vor dem Brand stammt auch das 1430 entstandene, sehr eindrucksvolle Vesperbild. Zur Reihe der überregional bedeutsamen Kunstwerke des Doms gehören daneben die um 1510 errichtete Tulpenkanzel, das Grabmal des 1553 gefallenen Kurfürsten Moritz und die nach Vorlagen von Nosseni geschaffene Ausgestaltung des Chores. Der Dom beherbergt zwei Orgeln aus der Werkstatt des berühmten Freiberger Orgelbauers Gottfried Silbermann. Die große Orgel mit 44 Registern auf 3 Manualen und Pedal entstand 1711 – 1714 und zählt heute zu den am besten erhaltenen Barockorgeln weltweit. Eine zweite kleinere, einmanualige Orgel Silbermanns steht seit 1939 auf dem Lettner des Domes. Sie wurde ursprünglich für die Freiberger Johanniskirche gebaut und dort im Juli 1719 geweiht.
Wenn die Kirche geöffnet ist, sollten Sie sich die Zeit zu einer Dombesichtigung oder Führung nehmen, denn dabei ist noch manch Interessantes zu entdecken, wie die geschnitzten klugen und törichten Jungfrauen, die Apostel, weitere Holzfiguren aus der Zeit des Kirchenbaus, die Fürstenemporen, das Knappschaftsgestühl, wertvolle Epitaphe und eine weitere Kanzel – die Bergmannskanzel.
Das dem Dom gegenüberliegende Domherrenhaus wurde als Teil des Domherrenhofes vor 1488 fertig gestellt. Es diente als Wohnhaus der Kleriker des seit 1480 am Dom bestehenden Kollegiatsstiftes. Das Gebäude zeichnet sich durch zahlreiche architektonische Besonderheiten, wie dem sechseckigen Treppenturm an der Südfassade, dem aufwändigen Ziergiebel zum Untermarkt oder den Vorhangbogenfenstern aus.
Nach Reformation und Auflösung des Kollegiatsstiftes, stellte die Stadt das Gebäude im Jahr 1542 der 1515 gegründeten Lateinschule zur Verfügung. Daraus ging das Freiberger Geschwister-Scholl-Gymnasium hervor, das heute als ältestes humanistisches Gymnasium Sachsens gilt.
In den Jahren 1902/1903 erfolgte eine umfassende Sanierung, um das Gebäude als Ausstellungsort für historische Sachzeugen, die der 1860 gegründete Freiberger Altertumsverein zusammengetragen hatte, nutzbar zu machen. Heute ist das Stadt- und Bergbaumuseum in den drei dem Dom gegenüber liegenden Häusern untergebracht. Der dazwischen liegende Neubau hat mit seiner „Silberfassade“ schon vor der Realisierung des Baus zu recht unterschiedlichen Reaktionen und Diskussionen in der Bevölkerung gesorgt.
Im heutigen Museum werden neben umfangreichen Beständen zur Stadtgeschichte auch einige historische Glocken bewahrt.