Spuren der Gießerfamilie

Noch heute erklingen sie in vielen Städten Europas, die Glocken der Freiberger Glocken- und Stückegießerfamilie Hilliger. Vom ersten bekannten Gießer, Hannus (* um 1390) bis zu Gabriel (1614 bis 1684) waren es 18 Hilligers, die sich diesem Handwerk mit hoher Perfektion widmeten. Weitere Vertreter der Familie sind als Gehilfen der Meister bekannt. Dem Leben und Wirken dieses uralten Geschlechts, das seit Ende des 14. Jahrhunderts bis zum Ende des 17. Jahrhunderts, also fast 300 Jahre lang in Freiberg den Glocken- und Geschützguss in der schwungvollsten und rühmlichsten Weise betrieben hat, gilt die Aufmerksamkeit unseres Vereins.

Nicht nur bronzene „Musikinstrumente“ gossen sie mit Vollendung. Grabplatten für den Meißner und Freiberger Dom, Epitaphe für die Leipziger Thomaskirche und die Wolgaster St.-Petri-Kirche, die Dedikationstafel für die Schlosskapelle Torgau und das große Kruzifix, das heute auf der Karlsbrücke (Prag) steht, entstanden in Hilligerwerkstätten. Doch auch für Künstler wie Giovanni Maria Nossini und für Adrian de Vries (Skulptur Kurfürst Christian II. und die Figurengruppe Herkules, Nessus und Deianeira) gossen die Hilligers. In der Königlichen Glocken- und Stückgießerei Dresden, in Freiberg und in anderen Werkstätten entstanden auch eine große Anzahl von Kanonen. Heute stehen Exemplare davon noch in Dresden, Coburg, Wien und Paris. Ihre herausragenden Fähigkeiten führten im Jahr 1521 zur Verleihung des Familienwappens, dem stehenden weißen Bären mit dem Tastzirkel in den Pranken, und den Anforderungen u. a. von Graz und Breslau dem Gießereihandwerk dort neuen Glanz zu geben.(?)

Bild Zeichnung des Wappens der Familie Hilliger von der Glocke in Lobstädt, Emil Büchner, 1917, Archiv Hilligerverein

Doch auch im Leben der Stadt Freiberg wirkte die Familie. Sie betrieb ein Vorwerk als großen landwirtschaftlichen Betrieb und besaß Silberschmelzhütten an der Münzbach und auf einer Insel unterhalb von Halsbach in der Freiberger Mulde. Vertreter der Familie gehörten zu den Gewerken von Silbergruben. So findet man als Beispiel in den Zechenregistern der Gruben St. Lorentz (1587, 1609), Gnade Gottes (1602, 1611), Glücks Rath (1612), Hohe Birke (1624) und Kühschacht (1708) Namen der Gießerfamilie. Interessant ist dabei, dass mit Katharina Hilligerin, Anna Mertten Hilligerin und Anna Oßwaldts Hilligerin Frauen Anteile an Gruben besaßen. Auch am politischen Leben der Stadt nahmen die Hilligers teil und waren Ratsherren und Bürgermeister und der sächsische Kurfürst nutze ihren Einfluss und ihr politisches Verständnis für Verhandlungen. Sie waren aber auch sozial unterwegs, spendeten für Kranke, unterstützten Arme und ließen auf ihre Kosten eine der wichtigsten Freiberger Wasserversorgung fertig bauen. Diese noch heute teilweise vorhandene Quellleitung brachte bis ins 20. Jahrhundert Wasser aus dem Stadtwald in Richtung Freiberger Altstadt.

Bilder Ringestechsäule im Dresdener Stallhof, die Martin II Hilliger nach Entwürfen von Nossini goss, Ausschnitt der Bronzesäulen, 2015, Fotos: Knut Neumann